Die Ursachen von Übergewicht sind vielfältig

Adipositas verursacht zahlreiche Krankheiten und vermindert die Lebensqualität der Betroffenen. Sie ist eine durch viele Faktoren bedingte chronische Krankheit, die einer dauernden Beobachtung und Behandlung bedarf.

Man kann sagen, dass die soziokulturellen Einflüsse und die Ernährung zu 25 bis 75 % zum Übergewicht beitragen. Die Entstehung des krankhaften Übergewichts ist zudem auch abhängig von der genetischen Veranlagung. Man kann aber Umwelteinflüsse und genetische Einflüsse nicht wirklich trennen, denn auch Umwelteinflüsse können über zwei bis drei Generationen die Genetik verändern. So kann beispielsweise die Ernährung der Grosseltern-Generation, die teilweise von Mangelernährung in den schlechten wirtschaftlichen Zeiten der 30er und 40er Jahre des letzten Jahrhundert betroffen waren, die Veranlagung der nun Mittvierziger-Generation hinsichtlich eines sparsamen Energiestoffwechsels mitbestimmt haben. Einen solchen reduzierten Energiestoffwechsel finden wir bei etwa 5 % unserer adipösen Patienten und Patientinnen. Die Hälfte der betroffenen Personen hat einen niedrigen Stoffwechsel, weil die Muskelmasse zum Beispiel aufgrund starker Gelenksprobleme und daraus resultierender Bewegungsarmut reduziert ist. Wie Sie sehen, ist es nicht wirklich einfach, Veranlagung und Umwelteinflüsse auseinanderzuhalten.

Sogenannte haushälterische Gene und defekte Regelkreise im Energiehaushalt führen unter anderem dazu, dass das Hunger- und Sättigungsgefühl nicht richtig funktioniert. Die Balance zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch ist gestört. Essstörungen begleiten zudem häufig das Übergewicht.

Die Bedeutung der Bewegung

Die heute übliche Energiezufuhr ist im Verhältnis zur geleisteten körperlichen Aktivität statistisch im Schnitt um 400 kcal pro Tag zu hoch. Im Vergleich: Unseren Vorfahren stand eine Energieaufnahme von circa 3000 bis 4000 kcal pro Tag zur Verfügung. Vermutlich benötigten sie allein für die körperliche Aktivität im täglichen Überlebenskampf 1000 bis 2000 kcal. Die Energiezufuhr war in der Regel immer zu knapp, der Mensch ist also gewöhnt daran, ökonomisch mit seinen Energieressourcen umzugehen und auch mit weniger Energie sein Gewicht zu stabilisieren.

Der Anteil des Energieverbrauchs durch körperliche Aktivität am Gesamtenergieverbrauch betrug damals rund 30 bis 50 %. Zu heutigen industrialisierten Zeiten beträgt dieser Anteil 10 bis 20 %. Unter Berücksichtigung der menschlichen Evolution liegt es nahe anzunehmen, dass eine Steigerung der körperlichen Aktivität um zusätzliche 400 kcal die Übergewichtsepidemie abbremsen kann. Für eine circa 70 kg schwere Person würde das bedeuten, täglich zusätzlich etwa 6000 bis 8000 Schritte zurückzulegen. Wichtig: Die Betonung liegt hier auf zusätzlich.

Körperliche Bewegung ist zudem von immenser Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Muskulatur, welche in Ruhe die meiste Energie von allen Organen unseres Körpers benötigt. Je mehr Muskelmasse man hat, desto mehr Kalorien darf man essen. Die Muskelmasse kann man am besten mit Krafttraining erhalten, weshalb Krafttraining eine zunehmende Bedeutung in der Therapie von Übergewicht erlangt hat.


Die Bedeutung der Ernährung

Viele Untersuchungen konnten belegen, dass die übermässige Zufuhr von Fetten ein unabhängiger Risikofaktor für die Übergewichtsentwicklung darstellt. Im Durchschnitt essen erwachsene Menschen 100 g Fett pro Tag. Ziel wäre eine Fettzufuhr von 60 g am Tag zu erreichen. Diese Menge macht es durchaus erforderlich, die Fettzufuhr hin und wieder zu observieren. Sie werden staunen, wie schnell man diese Menge erreichen kann.

Eine Scheibe Käse zum Beispiel enthält etwa 10 g, ein Cervelat 20 bis 30 g Fett. Auch bei Müslisorten existieren grosse Unterschiede. So kann in einer normalen Portion Müsli selbst mit fettreduzierter Milch 20 g Fett enthalten sein. Es lohnt sich also, auch auf die Verpackung zu schauen.

Aber nicht nur ein Zuviel, auch ein Zuwenig in der Nahrungszufuhr kann für die Gewichtsstabilität problematisch sein. Zur Erhaltung der Muskelmasse benötigt man Protein. Gerade wenn man unter einer Kalorienrestriktion steht, sollte die Proteinzufuhr etwas höher sein. Sie benötigen hier 0,8 g bis 1 g Protein/kg Körpergewicht pro Tag. Wenn Sie also 80 Kilo schwer sind, benötigen Sie 60 bis 80 g Protein pro Tag. Ein gutes, normales Stück Rindersteak enthält etwa 15 bis 20 g Protein. Sie können sich vorstellen, wie schwierig es also ist, die benötigte Menge an Protein zu erreichen, insbesondere, wenn man dabei die Fettzufuhr nicht unnötig steigern möchte.


Nicht wenige Menschen schwören auf kohlenhydratfreie Diäten. Bestimmte Menschen mit Adipositas können tatsächlich von einer Optimierung der Kohlenhydratzufuhr profitieren. Allerdings kann gerade der Verzicht auf ein Frühstück die Wärmeproduktion in der ersten Tageshälfte deutlich vermindern, was zur Reduktion des Gesamtenergieverbrauchs beitragen kann. Wir testen Sie gerne, ob für Sie eine Kohlenhydratoptimierung für die Gewichtsabnahme von Bedeutung sein kann.


Die Rolle der Gene und Hormone

Etwa 2 bis 5 % unserer übergewichtigen Patienten und Patientinnen haben einen genetisch bedingt niedrigen Stoffwechsel. Dies bedeutet, dass man deutlich strenger sein muss mit der Nahrungszufuhr, um Gewichtsstabilität zu erlangen beziehungsweise um Gewicht zu verlieren. Aus diesem Grund gehört bei uns die Messung des Energiestoffwechsels zu einem wichtigen Bestandteil der Diagnostik.

Adipositas kann auch sehr selten eine Folge von Krankheiten des Hormonstoffwechsels sein (sekundäre Form der Adipositas):

  • Cushing-Syndrom (Überfunktion der Nebennierenrinden, Cortisontherapie)
  • Hyperprolaktinämie (Überproduktion Milchdrüsenhormon)
  • Hypothalamuserkrankung (Hirntumor, Unfall, Hirnschlag)
  • Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüsen)
Die molekularbiologische Forschung konzentriert sich auf die Suche nach Gendefekten und hat zum Teil schon fassbare Resultate gebracht.

Leptin
Beispielsweise ist Leptin ein Hormon, welches von den Fettzellen produziert wird. Dieses Hormon ist verantwortlich für das langfristige Sättigungsgefühl und signalisiert dem Gehirn die Füllung des «Energiespeichers» im Körper. Ein hoher Leptinspiegel zügelt im Normalfall den Appetit, das heisst, übergewichtige Menschen hätten eigentlich weniger Hunger. Bei Menschen mit schwerster Adipositas, die kein Leptin bilden können, sind Gendefekte bekannt. Ist der Leptinspiegel niedrig, haben diese Menschen ungezügelten Hunger. Bei übergewichtigen Menschen ist der Leptinspiegel eigentlich sehr hoch. Aber dadurch, dass dieser Regelkreis gestört ist und übergewichtige Menschen diesen hohen Leptinspiegel im Gehirn nicht richtig registrieren, erfolgt keine richtige Sättigung. Bisher hat man noch keinen Ansatz zur Therapie finden können.

Ghrelin
Auch das appetitanregende Hormon Ghrelin beeinflusst das Essverhalten. Es wird im Magen gebildet. Sein Spiegel ist vor dem Essen hoch und sinkt nach dem Essen. Wir haben festgestellt, dass dieses Hormon bei Schlauchmagen-Operationen deutlich absinkt und auch vor dem Essen deutlich weniger ansteigt, da die Zellen im Magen, welche dieses Hormon bilden, entfernt wurden.

GLP-1 und PYY
Andere Hormone, welche massiv zur Verbesserung des Stoffwechsels und somit auch zur Gewichtsabnahme beitragen, sind GLP-1 und PYY. Diese Hormone werden im tiefen Dünndarm gebildet, im Bereich vor dem Übergang zum Dickdarm. Bei chirurgischen Therapiekonzepten der Adipositas, wie zum Beispiel dem Magenbypass, gelangt die Nahrung unverdaut viel tiefer in diese Regionen hinein und kann diese Hormone deutlich besser stimulieren. Ein Teil der Gewichtsabnahme nach solchen Operationen wird durch diese Hormone veranlasst.

Die Bedeutung von Umweltfaktoren

Wir wissen heute, dass Stress, Lärm, Nachtarbeit, überwärmte Räume, Plastik in der Umwelt und dadurch die Belastung unseres Trinkwassers Einfluss auf unsere Gewichtsregulation nehmen. Häufig können wir Umweltfaktoren nicht ändern. Es besteht aber die Möglichkeit, anders mit diesen Dingen umzugehen und Stress auch mit bestimmten Strategien besser zu bewältigen. Wir bieten hier spezielle psychologische Therapiestrategien und Aufmerksamkeitstraining an. Zudem kooperieren wir mit Kollegen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), die hier nicht selten sehr gute Erfolge erzielen können.