Bariatrische Chirurgie (Übergewichtschirurgie)

Eine operative Behandlung ist sorgfältig zu prüfen, wenn konservative Methoden wie Ernährungsumstellung, körperliches Training und allenfalls Medikamente nicht zur gewünschten Gewichtsreduktion geführt haben und ein erhebliches Gesundheitsrisiko durch das Übergewicht besteht. Unsere Aufgabe ist, Ihre persönliche Situation seriös abzuklären, Sie über Chancen und Risiken zu informieren und Sie nach einer allfälligen Operation weiter zu begleiten. Die Operationen werden nicht durch uns durchgeführt, sondern durch Spezialisten der Übergewichtschirurgie, mit welchen wir eng zusammenarbeiten.

In der Schweiz müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine bariatrische Operation von den Krankenkassen anerkannt ist

  • Body-Mass-Index (BMI) > 35 kg/m2 mit Komobiditäten (Begleiterkrankungen)
  • BMI > 40 kg/m2 ohne Komorbiditäten
  • In beiden Fällen: zweijährige adäquate konservative Therapie zur Gewichtsreduktion, die jedoch erfolglos war
  • Bei einem BMI von 50 kg/m2 sind 12 Monate konservative Therapie ausreichend
  • Schriftliche Einwilligung in die Verpflichtung zu lebenslanger Nachsorge
Schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen können eine Operation ausschliessen. In diesem Falle werden konservative Behandlungen und Therapien vorgeschlagen.

Folgende chirurgische Therapieverfahren sind aktuell in der Anwendung
  • Magenband (Gastric Banding)
  • Schlauchmagen
  • proximaler und distaler Magenbypass
  • biliopankreatische Diversion

Magenband (Gastric Banding)

Beim Magenband oder Gastric Banding handelt es sich um eine Methode, die in den 80er Jahren in Schweden entwickelt wurde und in der Schweiz seit circa 1995 angewendet wird. Das Band (genauer: eine mit Kontrastmittel gefüllte kleine Manschette) wird um den oberen Teil des Magens gelegt. Vor dieser Manschette bildet sich ein kleiner Vormagen.

Die Nahrung gelangt zunächst in den Vormagen, dessen Wand gedehnt wird. Es stellt sich in der Folge ein Sättigungsgefühl ein. Vom Vormagen gelangt die Nahrung über die verstellbare Verengung in den Restmagen. Im ersten halben Jahr nach der Bandeinlage wird die Verengung durch den Spezialisten angepasst. Dies geschieht durch eine Injektion in ein Reservoir (Port-System), das unter der Haut liegt und mit der Manschette durch einen Schlauch verbunden ist. Es wird ein wasserlösliches Kontrastmittel in das Band gefüllt, welches in der Medizin häufig Anwendung findet.

Die Operation selbst dauert je nach Chirurg und den individuellen Voraussetzungen des Patienten/der Patientin zwischen 30 bis 120 Minuten und wird in Vollnarkose durchgeführt, in der Regel mit der Schlüssellochtechnik (laparoskopisch). Der Eingriff kann heutzutage meistens tagesstationär erfolgen.

Wirkung und Nebenwirkungen
Die durchschnittliche Gewichtsabnahme mit einem Magenband beträgt etwa 20 % des Ausgangsgewichts. Leider hat sich herausgestellt, dass nach zehn Jahren nur noch etwa zwei von zehn Patienten/Patientinnen gut mit einem Magenband klarkommen. Das Problem des Magenbands ist ein mechanisches, da das Band eine Art Widerstand gegen die natürliche Kontraktion der Speiseröhre darstellt. Dadurch kann sich die Speiseröhre deutlich erweitern. Der Speichel und das Sekret der Speiseröhre können, mit Magensaft vermischt, manchmal zu lange vor dem Magenband verweilen und dadurch die Speiseröhre schädigen. Die Schleimhaut der Speiseröhre kann sich in Folge so verändern, dass sie aussieht wie Schleimhaut aus dem Magen. Das kann potenziell langfristig gefährlich sein. Des Weiteren kann in der Nacht auch Magensaft in die Lunge aspiriert werden, was zu Lungenentzündungen führen kann.

Nicht selten ist der Ernährungszustand (sprich der Anteil der Muskelmasse am Gesamtkörpergewicht) eines Patienten/einer Patientin mit einem Magenband deutlich schlechter als bei den anderen chirurgischen Verfahren zur Übergewichtsbehandlung. Dies wird häufig dadurch bedingt, dass die Patienten und Patientinnen Fleisch und andere proteinhaltige Lebensmittel schlechter essen können. Eine Reduktion der Magermasse führt immer zur Reduktion des Stoffwechsels und dadurch längerfristig zur erneuten Gewichtszunahme.

Trotzdem gibt es Patienten und Patientinnen, die auch langfristig gut mit einem Magenband klarkommen. Im Rahmen unserer Abklärung haben wir verschiedenste Möglichkeiten herauszufinden, für welches Verfahren Sie am besten geeignet sind. Somit möchten wir nicht von vornherein die Anwendung eines Magenbandes komplett ausschliessen.


Schlauchmagen

Bei einer Schlauchmagen-Operation wird ein grosser Anteil des Magens entfernt. Einerseits passt in den verbleibenden Schlauch so eine deutlich kleinere Portion, anderseits werden dadurch auch Zellen entfernt, die Hormone produzieren, welche Hunger erzeugen. Diese Hormone haben zum Teil auch Auswirkungen auf den Stoffwechsel.

Wirkung und Nebenwirkungen

Patienten und Patientinnen mit einem Schlauchmagen nehmen im Durchschnitt ungefähr 25 % ihres Körpergewichts ab. Nach aktuellen Studien ist dieser Effekt auch nachhaltig. Probleme können entstehen, wenn der Schlauch in sich verdreht. Dies passiert eventuell, wenn die Operationstechnik nicht ganz präzise war und der Schlauch eher wie eine Sanduhr ausschaut. Dann entstehen Verengungen, die zu Problemen beim Essen und Trinken führen können.

Unsere Beobachtungen haben gezeigt, dass Gewichtszunahmen auch hier nach einiger Zeit wieder möglich sind, insbesondere, wenn der Schlauch nicht schmal genug angelegt wurde oder am oberen Teil des Magens ein Zipfel stehengelassen wird, der dann wieder mehr Nahrung fassen kann.

Generell muss aber erklärt werden, dass eine Gewichtszunahme auch nach einer chirurgischen Therapie der Adipositas immer passieren kann, insbesondere wenn der Patient/die Patientin im ersten Jahr nicht in Bewegung gekommen ist und der Verlust an Muskulatur im Rahmen des Gesamtgewichtsverlustes zu gross ist. Dies führt immer zur Reduktion des Stoffwechsels und damit der Energieverbrennung. Dadurch kommt es relativ zu einer zu hohen Energiezufuhr und damit zur Gewichtszunahme. Diese Tatsache kann gar nicht oft genug dargelegt werden, da Patienten und Patientinnen häufig eine komplett andere Erwartungshaltung einnehmen.


Magenbypass

Der Magenbypass (auch Roux-en-y-Gastric Bypass) wird heute in der Schweiz und auch in vielen anderen Ländern am häufigsten zur Behandlung des krankhaften Übergewichts (Adipositas) eingesetzt. Bei dieser Operation wird zunächst ein kleiner Vormagen (Pouch, Magentasche) abgetrennt, die etwa 15 ml fasst. Dann wird der Dünndarm im unteren Bereich durchgeschnitten und mit dem kleinen Vormagen verbunden. Die Nahrung läuft somit durch den kleinen Vormagen direkt in den tiefen Dünndarm hinein. Der Abschnitt nach dem ausgeschalteten Magen (Restmagen, der im Körper verbleibt) und der Zwölffingerdarm werden nicht von der Nahrung passiert. Der ausgeschaltete Restmagen und der Zwölffingerdarm werden seitlich an der nun von oben kommenden Darmschlinge angeschlossen.

Der verkleinerte Vormagen kann deutlich weniger Nahrung aufnehmen. Zudem entsteht eine komplett andere hormonelle Situation im Magen-Darm-Trakt, denn im tieferen Dünndarm werden schlank-machende Hormone ausgeschüttet, während im Zwölffingerdarm dick-machende Hormone ins Blut abgegeben werden. Dadurch kommt es zu einer Art Umpolung im Stoffwechsel – der Körper ist auf Abnehmen programmiert.

Man unterscheidet bei den Magenbypässen den sogenannten oberen (proximalen) und unteren (distalen) Magenbypass. Beim distalen Magenbypass wird die Schlinge, die vom Restmagen und Zwölffingerdarm kommt, viel tiefer, also näher am Dickdarm angeschlossen. Die Verdauungssäfte von der Bauchspeicheldrüse und der Galle, die in den Zwölffingerdarm münden, vereinigen sich deshalb viel später mit dem Nahrungsbrei, der aus dem Vormagen kommt. Dadurch ist die Aufspaltung und Verdauung der Nahrung durch die Verdauungssäfte zeitlich limitiert und es können weniger Nährstoffe aufgenommen werden. Man spricht von Malabsorption.

Wirkung und Nebenwirkungen
Mit einem Magenbypass kann die Gewichtsabnahme, je nach Varinate, zwischen 25 bis 40 % des Ausgangsgewichts betragen. Die Höhe der Gewichtsabnahme ist abhängig von der Nahrung, die noch resorbiert werden kann. Auch hier, wie bei den anderen Operationen ebenfalls, können die Nebenwirkungen vielfältig sein. Es kann zu Verengungen in den Bereichen kommen, die vom Operateur neu zusammengenäht wurden. Man nennt dies Stenose. Zudem kann sich der Darm verlagern und einklemmen – man spricht dann von einer inneren Hernie. Dies ist eine absolute Notfallsituation und erfordert sofortiges Handeln. Je ausgeprägter die Verringerung der Aufnahmefähigkeit des Darmes angelegt wird, desto höher ist das Risiko für massive Durchfälle. Insbesondere, wenn das Essverhalten nicht angepasst wird. Ein weiteres Problem stellen die Mangelsituationen im Bereich Vitamine und/oder Spurenelemente dar. Eine lebenslange Ergänzungstherapie mit Vitaminen und Spurenelementen ist deshalb zwingend notwendig.

Des weiteren kann auch – je tiefer (distaler) der Bypass angelegt wurde, desto stärker – der sogenannte Gallensäure-Kreislauf verändert sein. Normalerweise werden 90 % der Gallensäuren recycelt und zur Leber zurückgeführt. Dadurch verändert sich komplett die Aufnahme von verschiedenen Säuren. Die Oxalat-Säure, die normalerweise sonst kaum in den Körper gerät, gelangt in hohen Konzentrationen in den Körper und kann sowohl in der Galle als auch in der Niere durch Auskristallisation zu schweren Steinleiden führen. Das Achten auf Oxalsäure in der Ernährung ist hilfreich, reicht aber häufig alleine nicht aus, eine Zufuhr von Calcium während der Nahrungszufuhr ist häufig erforderlich, dass Calcium bindet die Oxalsäure und ist deshalb nicht nur, aber auch zur Prophylaxe der Osteoporose wichtig. Immerhin bekommen bis zu 10 % aller Patienten und Patientinnen mit einem Magen-Bypass nach zehn Jahren eine Osteoporose, auch aus diesem Grund ist die Zufuhr von Calcium also notwendig.

Eine Zufuhr von Vitamin B12, entweder durch eine Injektion oder durch eine sehr hochdosierte orale Therapie, ist immer erforderlich, da Vitamin B12 im Zwölffingerdarm resorbiert wird, der bei all diesen Verfahren nicht mehr von Nahrung passiert wird.

Häufig ist bei Frauen auch eine regelmässige Gabe von Eisen erforderlich. Bei den distalen Magenbypässen und bei der BPD müssen auch manchmal fettlösliche Vitamine Vitamin A und Vitamin E supplementiert werden.


Biliopankreatische Diversion

Bei der biliopankreatische Diversion wird der Magen verkleinert, so dass er nur noch 200 bis 300 ml aufzunehmen vermag. Zudem wird ein grosser Teil des Dünndarms von der Nahrungsaufnahme ausgeschlossen, weil ihm die Verdauungssäfte aus dem Zwölffingerdarm (Galle und Bauchspeichel) erst sehr viel weiter unten zugeführt werden. Dieses Operationsverfahren ist für Patienten mit einem BMI > 55 kg/m2 geeignet und hat gewisse Ähnlichkeiten mit dem distalen Roux-en-Y-Magenbypass.

Der gemeinsame Verdauungskanal misst nach der Operation nur noch 50 bis 100 cm. Dadurch kann Fett nicht mehr richtig aufgenommen werden. Zusätzlich wird bei der biliopankreatischen Diversion das Fassungsvermögen des Magens auf 150 bis 300 ml reduziert. Das Verfahren wird als malabsorptiv (verringerte Aufnahme von Stärke und Fett) bezeichnet, weil ein grosser Teil des Dünndarms nicht mehr für die Aufnahme der Nahrung zur Verfügung steht.

Wirkung und Nebenwirkungen
Die Gewichtsreduktion liegt, ähnlich wie beim distalen Magenbypass, bei 30 bis 50 % des Ausgangsgewichts (je nach Höhe des Zusammenschlusses). Eine lebenslange Einnahme von Vitaminen und Spurenelementen ist zwingend notwendig. Empfehlenswert ist in jedem Fall auch eine begleitende Ernährungstherapie zur Umstellung des Essverhaltens. Die Nebenwirkungen durch die Malabsorption kann hier noch etwas grösser ausgeprägt sein im Vergleich zu den distalen Magenbypässen.


Nachbehandlung und Betreuung

Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hat die bariatrische Chirurgie als Pflichtleistung für die Krankenkassen aufgenommen, unter der Voraussetzung, dass diese Operation an speziell dafür geprüften Zentren stattfindet. Die Richtlinien dafür legt die Fachgesellschaft Swiss Morbid Obesity Study Group (SMOB) fest. Das BSV hat strikte Qualitätskontrollen verlangt. Ein Zentrum, das die vorgeschriebene Qualität nicht liefert, wird von der Liste gestrichen und kann keine solchen Eingriffe mehr durchführen.

Patienten und Patientinnen, die eine bariatrische Operation durchführen lassen möchten, müssen sich zur Nachsorge verpflichten. Wir sehen, dass wir in sehr vielen Fällen Probleme rechtzeitig erkennen können, wenn die Patienten/Patientinnen regelmässig in die Nachsorge kommen. Die Patienten und Patientinnen mit distalem Magenbypass, biliopakreatischer Diversion oder Magenband müssen etwas intensiver betreut werden als Patienten und Patientinnen mit einem Schlauchmagen oder einem proximalen Magenbypass.